Tipps für den Umgang mit Stress

Stress – wir alle haben ihn von Zeit zu Zeit. Zum Problem wird Stress, wenn wir zu viel davon haben, respektive die Erholung fehlt. Was macht Stress mit uns und was kann man dagegen tun?

Ariane Orosz, Neurowissenschaftlerin und IBP-Coach, hat ihren wissenschaftlichen und beraterischen Interessens- und Arbeitsschwerpunkt bei Stress und dessen Auswirkungen und Bewältigung – kurz: Sie ist die Stress-Expertin. In diesem Artikel (Seite 15 bis 19) erläutert sie einfach und verständlich was im Körper passiert, wenn wir Stress empfinden. Sie hält dort fest, dass wir Menschen zwar regelrechte Stressprofis sind, die Stressantwortsysteme aber auch darauf eingestellt sind, dass nach der Bewältigung der Bedrohung zeitnah eine Erholungsphase folgt, in der Regeneration stattfinden kann. Doch genau diese fehlt oft in unserem Alltag. Sind wir beruflich wie privat mehr oder weniger permanent Stress ausgeliefert, werden irgendwann alltägliche Belastungen zum Problem. Die Selbstregulation gerät aus dem Gleichgewicht und die Mechanismen, die uns bei Stress mit Energie versorgen und die Bewältigung von Bedrohung ermöglichen, wenden sich gegen uns und machen uns irgendwann krank.

Meist sendet uns unser Körper klare Stress-Warnsignale wie Kopfschmerzen, Tinitus, Heisshunger-Attacken oder Appetitlosigkeit, Magenprobleme, nächtliches Zähneknirschen, Schlafstörungen und so weiter. Eine Auflistung möglicher weiterer Warnsignale finden sich auf der Checkliste der Uni Hamburg – ebenso kann man seinen persönlichen Stresslevel dort selbst einschätzen. Bei 21 und mehr Punkten empfehle ich sich unbedingt professionelle Unterstützung zu holen.

Wie soll man nun mit Stress umgehen? Wichtig in diesem Zusammenhang scheint mir die Aussage von Ariane Orosz, das nachhaltiges Stressmanagement nicht auf Stressfreiheit oder Stressresistenz ausgerichtet sein sollte, sondern auf die Ausbalancierung von Aktivierung und Erholung. Denn nur so bleibt die Funktions- und Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems (ANS) erhalten. Hierzu wiederum hilft die gezielte Aktivierung des Parasympathikus respektive des Vagus-Nervs.

Und wie aktiviere ich den Vagus-Nerv? Vereinfacht gesagt durch soziale Interaktion, Bewegung und Stimulation im Gesichts- und Halsbereich sowie am Zwerchfell. Wer beispielsweise im Chor singt, betreibt damit optimale Stressregulation. Hat man dazu weniger Talent oder Lust, so kann man Stress auch gut durch Atemübungen, Tanzen, Entspannungstechniken oder sozialen Austausch regulieren.

Ich persönlich wende regelmässig folgende drei Übungen an:

  1. Bauchatmung: Augen schliessen. Handflächen auf den Bauch legen. Tief und langsam ein und wieder ausatmen und dabei fühlen wie sich der Bauch hebt und senkt. Wenn möglich beim Ein- und auch beim Ausatmen jeweils bis auf fünf zählen. Variante: etwas länger ausatmen als einatmen. Die Übung für ein paar Atemzüge oder ein paar Minuten durchführen.
  2. Kopf und Gesicht massieren: Kopfhaut mit wenig Druck massieren oder ausstreichen. Stirn von der Mitte her mit den Fingern zu den Schläfen hin ausstreichen. Ohrenmuscheln leicht kneten. Augenbrauen ausstreichen. Kiefermuskulatur massieren und mit den Fingerkuppen abklopfen, ebenfalls den Hals vorsichtig von oben nach unten ausstreichen – Gähnen ist erwünscht. Die Übungen können einzeln durchgeführt oder beliebig kombiniert werden. Dabei auch auf die Atmung achten.
  3. Singen oder Summen: Einverstanden, das geht nicht jederzeit und überall. Aber vor sich hin summen kann man auch auf dem Weg zur Arbeit und Singen geht wunderbar unter der Dusche.

Diese zwei Tipps helfen mir ebenfalls bei der Stressregulation:

  1. Spaziergang: Statt mit dem Tram, Bus oder Zug bis nach Hause zu fahren einen Spaziergang machen. Dabei möglichst präsent sein, also auf sich, seine Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen und die Atmung achten, aber auch die Umgebung wahrnehmen. Gedanken wahrnehmen und dann möglichst loslassen.
  2. Start in den Tag: Für mich ist wichtig, wie ich den Tag beginne. Daher habe ich eine Morgenroutine. Entweder beginne ich den Tag mit einer Meditation oder mit Sport. So oder so mache ich damit etwas für mich und meine Stressregulation.

Übrigens sollte das Verhältnis von Sympathikus- und Parasympathikusaktivierung (Vagusnerv) für einen gesunden Alltag in etwa bei zwei oder zweieinhalb zu eins liegen. Das bedeutet, wer sieben Stunden qualitativ gut schläft, sollte «parasympathische Inseln» von insgesamt einer Stunde pro Tag in den Alltag integrieren – diese Stunde kann problemlos in kleinere Zeiteinheiten eingeteilt werden, da Erholung genauso wie Stress kumulativ wirkt.